Nachhaltigkeit in der Textilbranche – einfacher gesagt als getan?
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Nachhaltigkeit in der Textilbranche – einfacher gesagt als getan?
Interview mit Lena Bay Højland, Product Director, Fristads and Kansas
02.06.2023
Die Textilbranche ist nicht unbedingt als die nachhaltigste bekannt: Zur Herstellung eines T-Shirts benötigt man knapp 2.700 Liter Wasser. Als Trinkwasser könnte diese Menge eine Person knapp zweieinhalb Jahre versorgen. Zeit also, dass sich etwas tut – nicht nur im Bereich Freizeit-, sondern auch im Bereich Arbeitskleidung. Das schwedische Unternehmen Fristads Kansas zeigt, wie es gelingen kann.
Lena Bay Højland
Fristads AB hat einen Ansatz gewählt, der die Umweltverträglichkeit eines Kleidungsstücks ganzheitlich betrachtet – von der Baumwollernte bis zur fertigen Hose, sozusagen. Ihr Ziel ist es, bis 2030 die Hälfte an Emissionen einzusparen. Dazu braucht es zunächst belastbare Daten: "Man kann nichts verbessern, was man nicht kennt", meint Lena Bay Højland, Produktdirektorin bei Fristads Kansas. "Wir mussten also einen Weg finden, exakte Daten zu erheben, um auf dieser Grundlage unseren Umwelteinfluss zu verringern."
Seit 2018 misst das Unternehmen den Umwelteinfluss von drei Bereichen:
Scope 1: Verbrennung von Brennstoffen in Anlagen und Fahrzeugen sowie Kühlmittelleckagen aus Anlagen
Scope 2: Verbrauch von Strom, Fernwärme und Fernkälte
Scope 3: Emissionen aus dem Einkauf von Waren und Dienstleistungen wie Logistik – dieser Bereich ist direkt verknüpft mit dem fertigen Produkt
Viele Faktoren führen zum Ziel
Scope 3 hat den größten Einfluss auf die Nachhaltigkeit eines Produkts. Um die Emissionen in diesem Bereich zu senken, wurde eine Umweltproduktdeklaration (Environmental Product Declaration, EPD) für die eigenen Produkte eingeführt – die erste ihrer Art im Bekleidungssektor. Sie listet genau auf, wie viele Ressourcen entsprechend des dritten Scopes für ein Produkt verbraucht werden. Die Daten sind laut Lena Bay Højland recht genau und werden von Dritten überwacht: "Das sind also keine Zahlen, die wir uns ausdenken, sondern sie werden auch von außen auf ihre Richtigkeit hin überprüft."
Dennoch gehört auch zur Wahrheit, dass solche Messungen und Deklarationen einfacher gedacht als gemacht sind. Denn in Scope 1 und 2 sind die Einsparungen relativ leicht umzusetzen – etwas durch elektrische Autos oder die Nutzung von Solarstrom – da sie Fristads eigene Tätigkeiten betreffen. In diesen Bereichen ist Fristads bereits jetzt kurz davor, die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. In Scope 3 hingegen fließen so viele Faktoren ein, dass die Emissionen nicht so ohne weiteres in den anvisierten Bereich fallen. Gelingt es dem Unternehmen, sein Ziel auch in diesem Bereich zu erreichen, wäre das ein sehr großer Schritt hinsichtlich der Umweltverträglichkeit der Produktion von Textilien – und hätte möglicherweise eine Signalwirkung für Mitbewerber.
Die PSA sollte so nachhaltig wie möglich sein, muss aber den unterschiedlichen Anforderungen auf einer Baustelle gerecht werden.
Die Nachhaltigkeit eines Kleidungsstücks wird nicht nur durch die verwendeten Materialien, sondern auch durch den Herstellungsprozess und die verbrauchten Ressourcen bestimmt.
Mit einer umweltfreundlicheren Produktion allein ist es aber nicht getan. Auch das Produkt selbst muss einige Kriterien erfüllen, um als nachhaltig(er) zu gelten. Produkte müssen möglichst haltbar sein, damit sie möglichst lange genutzt werden können. Und dann kommt noch das große Ganze dazu: das Produktsortiment. Hier hat sich bei Fristads in den letzten Jahren einiges getan: "Vor zehn Jahren musste unser Sortiment alles abdecken. So herrschte zum Beispiel regelrecht ein Wettbewerb darum, wie viele Taschen eine Hose haben kann. Eine Hose musste praktisch alles können." Heute ist das anders. Die Produkte sind hochfunktionell und zeitgleich nicht "überdesigned". Es geht nicht mehr darum, so viele Produkte und Farben wie möglich anzubieten, sondern mehr von einem spezifischen Produkt zu verkaufen, das möglichst nachhaltig und haltbar ist.
Anregung für Kunden und Mitbewerber schaffen
Und wenn die eigene Vision umgesetzt ist, kommt der nächste Schritt: die Kundinnen und Kunden davon zu überzeugen, ebenfalls nachhaltigere Optionen zu nutzen. Erst dann wird der Effekt wirklich nachhaltig spürbar. Fristads bietet dafür einen besonderen Service für seine Kunden: Beim "Green Calculator" können sie selber überprüfen, wie sich ihr ökologischer Fußabdruck reduziert, wenn sie Arbeitskleidung mit einer Umweltproduktdeklaration wählen. Für einige Kundinnen und Kunden sind diese Insights laut Lena Bay Højland besonders wichtig, sie fragen sie teils sogar extra an. Ihr Traum: "Ich würde mir wünschen, dass jedes Unternehmen solche Zahlen bereitstellen muss. Dann wäre es für Verbraucherinnen und Verbraucher einfacher, zwei Kleidungsstücke zu vergleichen und sich für die umweltfreundlichere Variante zu entscheiden."
Fristads macht große Schritte in die richtige Richtung. Es ist nun mal ein Prozess, der seine Zeit dauert.
Der Green Calculator zeigt Verbraucherinnen und Verbrauchern auf anschauliche Weise, wie viel Wasser und CO2 sie einsparen können, indem sie ein nachhaltiges Produkt mit EPD wählen (hier exemplarisch berechnet für ein Unternehmen mit 30 Mitarbeitenden).