04.12.2019
Nachtarbeit verringert deutlich die Reaktionszeiten bei den betroffenen Beschäftigten.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie über die gesundheitlichen Auswirkungen von
Schichtarbeit bei Beschäftigten im Pflegedienst. Durchgeführt hat die Studie das
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität
Bochum (IPA). Die Forscherinnen und Forscher untersuchten insbesondere die Auswirkungen
von Nachtarbeit auf die Aufmerksamkeit mittels des "Psychomotorischen Vigilanz Test"
(PVT). Die Ergebnisse können die Grundlage für Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung
negativer Effekte von Schichtarbeit sein.
Beschäftigte in Nachtarbeit, die ihren Schlafzyklus an die Arbeitszeiten anpassen
müssen, leiden während der Arbeit häufig unter Schläfrigkeit. Sie sind deshalb einem
erhöhten Risiko für Arbeits- und Wegeunfälle auf dem Weg nach Hause ausgesetzt. Auch
die Versorgung von Patienten könnte unter der verminderten Aufmerksamkeit leiden.
Über mehrere aufeinanderfolgende Tag- bzw. Nachtschichten wurde die psychomotorische
Vigilanz bei 74 weiblichen Beschäftigten im Pflegedienst eines Klinikums verglichen.
Über die Ergebnisse zur Veränderung der Aufmerksamkeit in Tag- und Nachtschichten
berichtet die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Behrens aus dem IPA in der aktuellen
Ausgabe des Online-Journals PlosOne.
"Wir konnten nach einer Nachtschicht eine deutlich verlängerte mittlere Reaktionszeit,
aber auch eine höhere Zahl von Auslassungsfehlern beobachten", erklärt Prof. Behrens.
"Die Studie ist dabei eine der wenigen epidemiologischen Felduntersuchungen, die
die psychomotorische Vigilanz in Tag- und Nachtschichten an denselben Personen und
zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht hat."
"Eine schlechtere Testleistung wurde vor allem bei älteren Probandinnen, Frauen mit
einer spät getakteten inneren Uhr (sogenannten "Eulen") und Frauen mit häufigen Atem-
aussetzern während des Schlafs (Schlaf-Apnoe-Syndrom) beobachtet", erläutert die
Studienleiterin Dr. Sylvia Rabstein. "Für uns überraschend war, dass sich die Fehler-
werte und Reaktionszeiten schon ab der zweiten Nachtschicht verbesserten und sich der
Testleistung nach einer Tagschicht annäherten". "Obwohl wir einen Trainingseffekt
nicht ausschließen können, scheint es so zu sein, dass unregelmäßige oder schnell
wechselnde Schichtpläne vermieden werden sollten", führt Thomas Behrens dazu weiter
aus.
"Für uns sind diese Ergebnisse insbesondere wichtig im Hinblick auf die Planung zu-
künftiger Studien", so Prof. Thomas Brüning, Direktor des IPA. "Möglicherweise kann
eine individuell verbesserte Beleuchtung am Arbeitsplatz die Aufmerksamkeit steigern."
In der Feldstudie wurde auch eine Reihe weiterer biologischer Parameter untersucht.
Dazu gehörten verschiedene Hormone, deren Veränderung im Tagesverlauf jetzt in
Abhängigkeit von den Lichtverhältnissen am Arbeitsplatz untersucht werden soll.
"Einfache Präventionsmaßnahmen zur Verbesserung der Aufmerksamkeit während einer
Nachtschicht könnten erlaubte Kurzschlafperioden, eine ausreichende Erholungszeit
zwischen einzelnen Nachtschichten, kürzere Nachtschichten oder ein Wechsel der
Beleuchtung am Arbeitsplatz umfassen", sagt Prof. Behrens. Die Wirksamkeit solcher
Maßnahmen muss jedoch noch wissenschaftlich untersucht werden.
Originalpublikation
Behrens T, Burek K, Pallapies D, Kösters L, Lehnert M, Wichert K, Kantermann T, Vetter C,
Brüning T, Rabstein S. Decreased psychomotor vigilance of female shift workers after
working night shifts. Plos One 2019;14(7):e0219087.
IPA - Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
AplusA-online.de - Quelle: Zur Originalpublikation