14.11.2019
Rundes Jubiläum für wichtige Akteure im Arbeitsschutz
Seit einhundert Jahren gibt es in deutschen Betrieben die "Sicherheitsbeauftragten",
die sich um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit kümmern. Am 20. Oktober 1919
beschloss der Verband der Deutschen Berufsgenossenschaften in allen größeren
Betrieben dieses neue Ehrenamt einzuführen - damals hieß es noch Unfallvertrauensmann.
Hintergrund dieser Neuerung war die hohe Zahl der Arbeitsunfälle in jener Zeit.
Das Jahr 1917 brachte einen traurigen Rekord: 7904 tödliche Arbeitsunfälle wurden
aus deutschen Betrieben gemeldet - so viele wie nie zuvor und danach. Wie konnte
die Unfallgefahr gemindert werden? Die bereits bestsehenden Kontrollen reichten
offenbar nicht aus.
Die Beschäftigten eines Betriebes sollten deshalb eine "Vertrauensperson" wählen,
die "sich von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der
vorgeschriebenen Schutzvorrichtung fortlaufend zu überzeugen, vorgefundene Mängel
dem Betriebsleiter zu melden, aufgrund ihrer Erfahrungen und Beobachtungen selbst
Vorschläge zur Verbesserung der Schutzvorrichtungen zu machen, auch das Interesse
ihrer Arbeitsgenossen für den Unfallschutz zu wecken, sowie den mit der
Überwachung betrauten staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Aufsichtsbeamten
bei Betriebsbesichtigungen zu begleiten" (*) habe.
Diese 'Vertrauensperson', die im Betrieb Ansprechpartner ist für alle Fragen von
Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, gibt es bis heute. Hat ein Unternehmen
mehr als 20 Beschäftigte, sind Unternehmerinnen und Unternehmer dazu verpflichtet,
Sicherheitsbeauftragte zu bestellen. "Aktuell leisten 670.000 Sicherheitsbeauftragte
ihren Beitrag zum Arbeitsschutz in Deutschland", sagt Dr. Stefan Hussy,
Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV):
"Sie verankern Sicherheit und Gesundheit im Betrieb und sind Seismographen für
Probleme oder akut auftretende Gefährdungen. Das macht ihre Arbeit so wertvoll
für den Arbeitsschutz. Wir freuen uns deshalb, dass so viele Sicherheitsbeauftragte
an unseren Fortbildungen teilnehmen."
Das Aufgabenspektrum der Sicherheitsbeauftragten hat sich in den letzten 100 Jahren
allerdings stark gewandelt - so wie die Arbeitswelt selbst. Stand im Jahr 1919
noch die praktische Unfallverhütung im Mittelpunkt, gewinnen heute Fragen von
Gesundheitsschutz und der Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren an
Bedeutung. Neben der fachlichen Qualifikation werden methodische und soziale
Kompetenzen immer wichtiger. Aus dem Sicherheitsbeauftragten ist ein Beauftragter
oder eine Beauftragte für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit geworden.
Geblieben ist bei allem Wandel die besondere Qualität dieses Amtes: Die
Sicherheitsbeauftragten sind ansprechbar für Kolleginnen und Kollegen, sie können
unmittelbar auf Mängel hinweisen und ihre Ideen für mögliche Verbesserungen
einbringen. Für Sicherheit und Gesundheit im Betrieb sind sie - auch heute -
unverzichtbar.
(*) Niederschrift über die Sitzung des Geschäftsführenden Ausschusses des Verbandes
der Deutschen Berufsgenossenschaften am 20. Oktober 1919.
In: Die Berufsgenossenschaft. Zeitschrift für die Reichs-Unfallversicherung,
Ausgabe 1/1920, S. 5