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21.06.2011

Nach Chemieunfällen sicher entscheiden

Türen und Fenster geschlossen halten oder die Anwohner evakuieren? Nach
Chemieunfällen, wie im Fall des Mitte Mai in Müllheim entgleisten Güterzugs,
müssen die Einsatzkräfte häufig schwerwiegende Entscheidungen treffen. Um dies
zu erleichtern, hat das Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle
Produktion (IIP) des KIT mit Partnern aus ganz Europa das Informations- und
Kommunikationssystem DIADEM entwickelt.

"Bei einem Chemieunfall geht es darum, Informationen zu sammeln - etwa: Gibt es
eine Gaswolke und wohin zieht sie?", sagt Tina Comes vom IIP. Davon hängt unter
anderem die Entscheidung ab, ob die Anwohner evakuiert werden müssen. Hierzu
kann DIADEM beispielsweise Informationen von Sensoren zur Gaserkennung und
-beobachtung sowie aus entsprechenden Ausbreitungsmodellen einbeziehen. Um die
Information über die Gaswolke und ihre Ausbreitung zu verbessern, kann diese
Komponente von DIADEM SMS an die Anwohner versenden, um bei ihnen Informationen
einzuholen. Bei strategischen Entscheidungen, so Comes, sei es auch notwendig
sich detailliert mit den Risiken verschiedener Maßnahmen für alle Beteiligten
auseinander zu setzen: "In der Praxis fehlen häufig präzise, sichere
Informationen zu den möglichen Auswirkungen der Maßnahmen. Um dennoch
belastbare Entscheidungen treffen zu können, sind Methoden der
Entscheidungsunterstützung notwendig, die diese Unsicherheiten berücksichtigen.

Gemeinsam mit Wissenschafts- und Industriepartnern aus den Niederlanden,
Schweden, Dänemark, Belgien und Rumänien hat das Team um IIP-Leiter Professor
Frank Schultmann DIADEM (Distributed Information Acquisition and Decision
Making in Environmental Management) entwickelt: ein Informations- und
Kommunikationssystem, das den Schutz von Bevölkerung und Umwelt nach
Chemieunfällen unterstützt. Anwender können über einen Computer oder einen PDA
(Personal Digital Assistant) auf das System zugreifen und Text, Sprache oder
auch Karten eingeben oder abrufen. Die Europäische Union fördert das Projekt im
siebten Forschungsrahmenprogramm.

Vertreter von Behörden, Polizei und Feuerwehr haben DIADEM nun bei einem
Workshop in Kopenhagen getestet. Der Anwendungsfall: Ein Gefahrguttransport
entgleist, Chlor tritt aus. Im Praxistest mussten die Einsatzkräfte den Schutz
der Bevölkerung sicherstellen, das Leck im Waggon abdichten, das
zurückgebliebene Chlor abtransportieren und den Zugverkehr wieder herstellen.

Weitere Informationen in einer Pressemeldung vom Juni 2011.


AplusA-online.de - Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)